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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 423

1873 - Essen : Bädeker
423 die Beobachtung des Mondes, dessen Veränderungen je in 29 Tagen vor sich gehen; daher auch ihre Monate 28 oder 29 Tage hatten. Aus die Abtheilung des Monats in Wochen führte die Wahrnehmung, daß jedesmal in 7 Tagen eine Veränderung in der Lichtgestalt des Mondes vorgeht. Wenn sie den schönen, wunderbaren Sternenhimmel betrachteten, so merkten sie sich einzelne Sterne und Sterngruppen, und gaben ihnen Namen, die sich zum Theil noch jetzt erhalten haben. Aus solchen Beobachtungen ging in der Folge eine sehr wichtige Wissen- schaft, die Astronomie oder Sternkunde hervor. Wie mancher phönizische Seefahrer, der um Mitternacht an den Ufern des mittel- ländischen Meeres hemmkreuzte, mag wohl vor drei tausend Jahren seine Augen voll Bewunderung und Andacht zu dem schönen Siebengestirne ge- richtet haben, das noch jetzt in eben dem Glanze allnächtlich am Himmel prangt, indeß die guten Phönizier schon längst ausgestorben sind. Denn im Jahre 333 v. Chr. Geb. eroberte Alexander der Große, König von Macedonien ihr Land und zerstörte ihre Städte. Jetzt stehen nur ärmliche Fischerhütten dort, wo einst volkreiche Städte blüheten. 2. Cyrus. (555 v. Chr.) Won Cyrus, der in der Bibel Koresch heißt, erzählt man wunderbare Ge- schichten. Sein Water war ein Perser, und so wurde auch Cyrus in der stren- gen kriegerischen Lebensweise der Perser auferzogen. Seine Mutter soll eine Toch- ter des Königs der Meder, Astyages, gewesen sein. Dieser ließ, so erzählt man, den Knaben zu sich nach Medien an den Hof kommen. Welch' ein Abstich zwischen der nüchternen und strengen Lebensweise der Perser, an die Cyrus von Haus aus gewöhnt war, und der schwelgerischen Schlemmerei der Meder! Doch waren die verweichlichten Meder die Herren der Perser. Daß aber diese Herrschaft der Schwächlinge über die Starken bald ein Ende haben mußte, hätte Astyages von dem Knaben Cyrus lernen können. Cyrus konnte sich des Lachens nicht enthalten, als er am Hofe seines Großvaters alles so weibisch geputzt sah Astyages saß auf einem prächtigen Throne; seine Backen, Lippen und Stirne waren bemalt, Augenbraunen und Haare gefärbt; er hatte goldene Ketten um den Hals, Armbänder an den Händen. Cyrus sprang, wie er in das Zimmer trat, auf den. geputzten Alten zu, fiel ihm um den Hals und rief: „O, was ich für einen schönen Großvater habe!" Seine Mutter fragte ihn lächelnd, ob er denn schöner wäre als sein Water. „Unter den Persern," antwortete Cyrus, „ist mein Water der schönste; aber unter den Medern habe ich keinen gesehen, der so schön wäre als mein Großvater." Dem Alten gefiel diese Antwort. Er be- schenkte den Knaben reichlich, und bet Tische mußte Cyrus immer neben ihm sitzen. Dem Cyrus, der an die Mäßigkeit der Perser gewöhnt war, dünkte es sonderbar, daß man so vielerlei Speisen austrug. Er sah lange zu. Endlich sagte er zu dem alten Könige: „Aber, lieber Großvater, du hast doch schrecklich viele Mühe, satt zu werden, wenn du von dem allen effen mußt." Astyages lachte und sprach: „Glaubst du denn, daß dies hier nicht viel besser sei, als eure persischen Mahl- zeiten?" — „Ich weiß nicht," antwortete Cyrus, „aber wir werden viel ge- schwinder und leichter satt, als ihr. Uns ist Brod und Fleisch genug, um satt zu werden; ihr aber, ach l was braucht ihr für Arbeiten und Umschweife, bis ihr so weit kommt!" Mit Erlaubniß des Alten vertheilte er darauf von den Speisen unter die Diener, nur dem Mundschenken gab er nichts. Der König, welcher den Schenken liebte, fragte den Cyrus im Scherz: „Warum giebst du denn diesem nichts, den ich doch so lieb habe?" — „Und warum hast du ihn

2. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 424

1873 - Essen : Bädeker
424 lieb?" fragte Cyrus. — „Siehst du nicht," antwortete der König, „wie schön er den Wein eingießt, kostet und mir zureicht?" — „O!" rief Cyrus, „das kann ich so gut als er, und noch besser; denn ich will dir den Becher nicht halb aus- trinken wie er." Darauf nahm er den Becher, goß aus der Schale Wein ein und reichte ihn dem Könige. „Aber," sprach der Alte, „du mußt auch den Wein erst kosten." — „Das lass' ich wohl bleiben," rief der Kleine, „denn ich weiß, es ist Gift darin. Ich habe das neulich wohl bei deinem Gastmahle gesehen." — „Wie das?" rief der Alte. — „Wißt ihr nicht mehr, wie ihr von Verstand und Sinnen kämet, sobald er euch zu trinken gegeben hatte? Was war das für ein Lärm! Wie habt ihr durch einander geschrieen und gelacht! So lange ihr saßt, sprach jeder von seiner Stärke; sobald ihr aufstandet zum Tanzen, fielet ihr über eure eigenen Füße. Ihr wußtet alle nicht mehr, was und wo ihr seid; du nicht, daß du König bist, und die nicht, daß sie Unterthanen sind." — „Aber," sprach Astyages, „wenn dein Vater trinkt, berauscht er sich nie?" — „Nie!" — „Und was macht er denn?" — „Er hört auf zu dürsten, sonst nichts." — Durch diese und ähnliche Einfälle machte sich Cyrus sehr beliebt. Astyages ließ ihn reiten und jagen lernen und erlaubte ihm alles. Cyrus wurde mit jedem Tage männ- licher, und da er sich in einem kleinen Kriege mit einem benachbarten Volke her- vorgethan hatte, wurde er der Abgott des ganzen Volkes. Cyrus konnte es nicht vergessen, daß er ein Perser war, und hatte nicht länger Lust, mit seinem tapferen Volke einem weibischen Könige zu gehorchen. Er stellte sich an die Spitze seiner Perser, bekriegte und überwand die Meder. Ein mächtiger König in Kleinasien aber, der wenigstens seines Reichthums kein Ende wußte, Krösus, von Lydien, wollte den Cyrus mit seinen Persern vernichten. Er wurde von Cyrus geschlagen, seine Stadt Sardes von den Persern erobert und Krösus gefangen. Man errichtete einen Scheiterhaufen, um Krösus zu ver- brennen. In den Flammen schrie der Unglückliche: „O Solon! Solon! Solon!" — Cyrus wurde begierig zu wissen, wen er riefe, befahl den Schei- terhaufen zu löschen und den Krösus vorzuführen. Dieser erzählte: „Q Cyrus! es werden wenige Menschen sein, die vom Glück so hoch erhoben und von ihm so tief gestürzt worden sind, als ich. Zch habe ein großes Reich beherrscht und war der reichste König in Asien. Ich glaubte auch, ich wäre der glücklichste. Einst kam ein weiser Mann aus Griechenland, mit Namen Solon, zu mir. Ich ließ ihm alle meine Schätze zeigen und war eitel genug zu hoffen, er wcrde über meine Reichthümer erstaunen und mich glücklich preisen. Als er aber schwieg und das alles nur ansah, wie Sand und Kieselsteine, sagte ich zu ihm: Solon! du bist so weit in der Welt herumgereist und hast so viele Menschen gesehen; sage mir: wen hältst du für den glücklichsten? Solon antwortete: Einen Bürger von Athen, Tellus. Ich wunderte mich, daß er einen gemeinen Bürger mir vorzöge, und fragte weiter, warum er den für glücklich hielte. Er sprach: dieser Tellus hatte sein genügendes Auskommen, gelangte glücklich und zufrieden zu einem hohen Älter und starb einen rühmlichen Tod für sein Vaterland. Er hatte ein schönes Ende. — Als ich das hörte, fuhr Krösus fort, konnte ich meinen Ver- druß nicht länger halten, sondem sagte: Solon, so sehr verachtest du meine Glückseligkeit, daß du diesen mir vorziehest? Und Solon antwortete: O Krösus, in einer langen Zeit muß der Mensch vieles sehen, was er nicht zu sehen wünscht, uno vieles leiden, was er gern abwenden möchte. Du, o Krösus, bist ein Herr vieler Güter und vieler Völker; aber ich werde dich nicht eher glücklich preisen, bis ich weiß, daß du auch ein glückliches Ende gehabt habest; denn man darf keinen Menschen vor seinem Ende glücklich prei- sen. — So sprach der Weise; aber ich verachtete ihn und ließ ihn nie wieder vor mich. Von der Zeit ging mir alles übel; mein ältester Sohn war stumm; mein zweiter ward mir von einem Freunde umgebracht; alle Städte, Länder, Völker und Reichthümer habe ich verloren und bin jetzt selbst in deiner Gewalt. Nun weißt du, warum ich den Solon rief; mache jetzt mit mir, was dir gut scheint." Cyrus, hierdurch an den möglichen Wechsel des eigenen Schicksals erinnert, schenkte dem Krösus das Leben und behielt ihn als Freund und Rathgeber bei sich.

3. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 431

1873 - Essen : Bädeker
431 8. Alexander der Grohe, König von Macedonien» (333 v. Chr.) Alexander, der Sohn Philipps, des Königs von Macedonien, ver- dankte seine Bildung dem berühmten griechischen Philosophen Aristoteles. Schon als Knabe hatte Alexander für alles Ruhmwürdige einen regen Sinn. So oft er die Nachricht von einem Siege seines Vaters erhielt, rief er schmerzlich aus: „Mein Vater wird mir nichts mehr zu erobern übrig lassen!" Einmal be- kam sein Vater ein wildes Pferd, Bucephalus genannt. Die besten Reiter versuchten ihre Kunst daran, aber es ließ keinen aufsitzen. Da bat Alexander seinen Vater, ihm einen Versuch zu gestatten. Nach vielem Bitten erhielt er endlich die Erlaubniß. Nun ergriff er das Pferd beim Zügel und führte es gegen die Sonne; denn er hatte bemerkt, daß es sich vor seinem eigenen Schatten scheute. Er streichelte es, und plötzlich schwang er sich pfeilgeschwind hinauf. Das Pferd siog in wildem Galopp mit ihm davon, und sein Vater fürchtete für sein Leben. Als er aber umlenkte und das unbändige Roß sicher tummelte, da erstaunten alle, und Philipp rief voll Freuden: „Mein Sohn, suche dir ein an- deres Königreich, Macedonien ist zu klein für dich." — Alexander war kaum zwanzig Jahre alt, als sein Vater starb. Zuerst un- terwarf er sich Griechenland und zeigte sich überall als einen Kenner und Be- schützer der Künste und Wissenschaften. In Korinth besuchte er auch den Weisen Diogenes. Der glaubte, wie Sokrates, daß der Mensch desto glücklicher sei, je weniger er bedürfe — und wohnte darum nicht in einem Hause, sondern in einem Faß. Der König Alexander, der von ihm gehört hatte, ging zu ihm. Er lag gerade in seiner Tonne, um sich an der Sonne zu warmen. Der König dachte, er würde doch aufstehen und ihm entgegenkommen. Aber Diogenes blieb liegen, als wenn die Ankunft des Königs gar nichts Besonderes sei. Alexander redete lange mit ihm, und fand seine Antworten so treffend und geistreich, daß er freundlich zu ihm sagte: „Kann ich dir eine Gunst erweisen?" — „Ja!" antwor- tete Diogenes, „tritt mir ein wenig aus der Sonne!" Da erkannte der König, daß er einen Mann gefunden hatte, welcher weder Geld, noch schöne Kleider, noch sonstige Herrlichkeiten begehrte, sondern mit Wenigem zufrieden war; und er sagte zu den Umstehenden: „Wahrlich, wenn ich nicht Alexander wäre, so möchte ich wohl Diogenes sein!" Mit glühendem Eifer begann Alexander nun die Eroberung des persischen Reiches. Von Europa setzte er nach Asien über den Hellespont. Hier traf er mit den Persern am Flüßchen Granikus zusammen. Seine Feldherren widerrie- fen es, im Angesicht des Feindes über den Fluß zu gehen; aber Alexander ant- wortete: „Der Hellespont würde sich ja schämen, wenn wir dieses Flüßchen fürch- teten." Mit diesen Worten stürzte sich der kühne Jüngling in den Fluß; seine Macedonier folgten, und glücklich wurde das jenseitige Ufer erreicht. Sogleich begann auch der Kampf, und fast hätte Alexander hier sein Leben verloren; denn zwei persische Führer sprengten auf ihn los, hieben ihm auf den Kopf, daß der Helm zersprang, und schon hob der eine den Arm empor, um ihm den Kopf zu spalten. Da, in dem gefährlichen Augenblicke, sprengte Alexanders Feldherr Klitus herbei und schlug mit einem Streiche dem Perser den rechten Arm herun- ter, daß Schwert und Arm zugleich herabfielen. Alexander's Leben war gerettet. Die Eroberung Kleinasiens war die Frucht dieses Sieges. Im Südosten dieser Halbinsel lag die Stadt Tarsus, welche von dem Chdnus durchflossen wird. Hier kam Alexander bei großer Hitze, mit Staub und Schweiß bedeckt, an. Das klare Wasser des Flusses lud ihn zum Bade ein. Aber kaum war er einige Minuten darin, so überfiel ihn ein heftiges Fieber; leichenblaß und zitternd an allen Gliedern mußte er aus dem Bade getragen werden. Die Krankheit ver- schlimmerte sich bald so, daß die Ärzte ihn aufgaben, und keiner mehr etwas ver- ordnen wollte. Und doch war Alexanders Genesung eben jetzt sehr nöthig; denn der persische König, Darius Codomannus, war mit einem großen Heere im Anmarsche. Da entschloß sich sein treuer Arzt Philippus, ein gefährlichem, aber entscheidendes Mittel anzuwenden. Während er damit beschäftigt war, den Tran'

4. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 432

1873 - Essen : Bädeker
432 zu bereiten, erhielt Alexander von seinem treuen General Parmenio einen Brief, worin dieser ihm schrieb: „Alexander, wenn dir dein Leben lieb ist, so trau' dem Philipp nicht, denn er ist von Darms bestochen, daß er dich vergifte!" — Alex- ander legte den Brief unter sein Kopfkissen. Philipp trat herein mit ruhiger, freier Miene; mit fester Hand reichte er Alexandern den Becher, und dieser nahm ihn mit der einen Hand, während er mit der andern dem Philipp den Brief reichte. Während Philipp las, trank Alexander ruhig die Arznei. Der Arzt war entrüstet über diese Werläumdung; doch Alexander suchte ihn zu beruhigen mit den Worten: „Der Ausgang wird dich rechtfertigen." Wirklich wurde Älex- anders Vertrauen durch eine schleunige Genesung belohnt; denn schon am dritten Tage stand er wieder an der Spitze seines jubelnden Heeres. Unterdessen war Dartus Codomannus mit einem Heere von einer halben Million herangerückt. Bet dem Städtchen Jssus trafen die Heere auf einander; aber trotz der großen Überzahl wurden die Perser von den Macedoniern geschlagen. Schrecklich war das Gemetzel; über 100,000 Perser blieben in der Schlacht. Darms sprang aus seinem Wagen, ließ Mantel, Schild und Bogen zurück, warf sich auf sein Pferd und jagte ohne anzuhalten, Tag und Nacht fort. Seine Mutter, seine Frau, zwei Tochter und ein Sohn, das ganze Lager, voll von den größten Kostbar- keiten, stelen den Siegern in die Hände. Die gefangene Familie des Darius brach in lautes Wehklagen aus, weil sie glaubte, daß Darius erschlagen sei. Alexander aber tröstete sie und gab ihnen die Versicherung, daß Darms noch lebe. Er behandelte die hohen Gefangenen mit der größten Güte, als wäre die Familie eines Freundes zu ihm auf Besuch gekommen. Darauf zog er längs der Meeresküste weiter, eroberte Tyrus, die berühmteste Handelsstadt der alten Welt, dann Palästina, ging nach Ägypten, eroberte es und legte an der Mündung des Nil eine Stadt an, die er nach seinem Namen Alexandrien nannte. Jetzt erst wandte sich Alexander wieder nach Asien, um Darius zu verfolgen und die Eroberung des persischen Reiches zu vollenden. Er traf das persische Heer zwischen den Städten Ärbela und Gaugamela (in Assyrien). Die macedo- nischen Feldherren, erschrocken über die ungeheure Macht der Perser, riethen am Abende vor der Schlacht Alexandern, den Feind lieber in der Nackt anzugreifen. Alexander aber antwortete: „Nein, stehlen will ich den Sieg nicht!" und legte stch sorglos zur Ruhe. Am andern Morgen weckte ihn Parmenio und sprach: „Du schläfst ja so fest, als wenn du schon gesiegt hättest!" Glaubst du derm nicht," antwortete Alexander, „daß wir schon so gut, wie gesiegt haben, da wir den Darius vor uns haben?" Der Kampf war sehr hitzig; die Perser fochten wie Verzweifelte; doch Alexanders Kriegskunst siegte. Durch diesen Sieg wurde er Herr des großen persischen Reichs. Der unglückliche Perserkönig war geflohen; aber Alexander verfolgte ihn unablässig. Da kam er einst durch eine große Wüste, wo nirgend ein Tropfen Wasser war. Endlich hatte ein Soldat etwas aufgefunden und brachte es in seinem Helme dem Alexander. Als der König sah, daß seine Soldaten, eben so wie er, vor Durst lechzten, sprach er: „Soll ich der Einzige sein, der trinkt!" und goß das Wasser auf die Erde. Als die Sol- daten solche Enthaltsamkeit ihres Königs sahen, riefen sie voll Verwunderung aus: „Auf, führe uns weiter, wir sind nicht müde, wir sind nicht durstig, wir halten uns nicht für sterblich, wenn ein solcher König uns führt!" Der flüchtige Darius wurde endlich von seinem eigenen Statthalter Bessus gefangen genommen und tödtltch verwundet. Alexanders Reiter fanden den un- glücklichen König in den letzten Zügen. Er bat sie um einen Trunk Wasser, welchen ein Macedonier ihm reichte. Erauickt sprach der sterbende König: „Freund, das ist mein größtes Leiden, daß ich dir diese Wohlthat nicht vergelten kann; doch Alexander wird sie dir vergelten; und dem Alexander werden die Götter die Großmuth vergelten, die er meiner Mutter, meiner Gattin und meinen Kindern erwiesen hat. Ich reiche ihm hier durch dich meine Rechte." Der Macedonier ergriff sie, und Darius verschied. Gleich darauf kam Alexander. Er war sehr bewegt bei dem Anblicke, zog sein Oberkleid aus und breitete es über den Leich- nam, den er mit großer Pracht beisetzen ließ.

5. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 433

1873 - Essen : Bädeker
433 Jetzt eilte Alexander an der Spitze seines jubelnden Heeres siezend von Stadt zu Stadt, von Land zu Land. Doch bald änderte sich der Sinn der Macedonier. Sie wurden unwillig und murrten laut. Denn als dem Alexander das große persische Reich fast ganz Unterthan war, veränderte er seine Tracht und Sitten. Er heirathete eine schöne Perserin, kleidete sich selbst wie ein Perser und verlangte von seinen Soldaten'und Freunden, daß sie nach morgenländischer Sitte vor ihm niederknieen sollten. Mnst bei einem Schmause erhoben Schmeichler die Thaten Alexanders über die Thaten der berühmtesten Helden der Vorzeit.' Nur Klitus, der dem Könige im Granikus das Leben gerettet hatte, stimmte nicht ein, sondern setzte die Thaten Philipps, des Vaters Alexanders, über die Thaten des Soh- nes. Da erhob sich Alexander finster von seinem Sitze; sein Auge funkelte vor Zorn; alle zitterten für das Leben des Klitus und führten ihn eiligst hinaus. Doch er trat wieder in den Saal und behauptete noch heftiger seine Aussage. Da gerieth Alexander in Wuth, riß einem Trabanten die Lanze aus der Hand und erstach den, der ihm das Leben gerettet hatte. Kaum aber war die blutige That geschehen, so kam er wieder zur Besinnung. Er entsetzte sich, weinte laut, lag drei Tage und drei Nächte in seinem Zelte ohne Speise und Trank und rief unaufhörlich den Namen Klitus. Die Soldaten wurden unruhig. „Wer wird uns aus diesem feindlichen Lande nach Hause führen, wenn Alexander nicht mehr ist?" so jammerten sie. Seine Feldherren aber trösteten ihn, und so kam er denn endlich wieder hervor zu seinem Heere. Doch seine Reue war nur von kurzer Dauer. Darum folgten ihm seine Macedonier nur mit Unwillen. Hierauf eroberte Alexander noch das reiche Indien. Als er aber damit noch nicht zufrieden war und bis an das Ende der Welt vordringen wollte, wur- den seine Soldaten unmuthig und empörten sich. Nicht einen Schritt wollten sie weiter vorwärts. Alexander versuchte noch einmal, sie zu weitern Siegen zu er- muntern, aber vergeblich! Da mußte er sich zur Rückkehr entschließen. Er theilte das Heer in zwei Theile: die eine Hälfte machte den Weg zu Wasser unter einem geschickten Admiral; die andere Hälfte führte Alexander zu Lande zurück. Unter unsäglichen Beschwerden und Entbehrungen kam er zu Babylon an, das er zur Hauptstadt seines Reiches machen wollte. Allein mitten in seinen großen Plä- nen ereilte ihn der Tod. Ein hitziges Fiber, die Folge seiner Anstrengungen, aber noch mehr der Schwelgereien, denen er sich überließ, überfiel ihn, und bald war alle Hoffnung zur Genesung verschwunden. Die Feldherren standen webmü- rhig um sein Lager und reichten ihm die Hände. Zuletzt fragten sie ihn, wen er zu seinem Nachfolger bestimme. Er antwortete: „Den Würdigsten." Hieraus verschied er in einem Alter von 33 Jahren. Sein großes Reich theilten seine Feldherren unter sich. 9. Roms Ursprung. (754 v. Chr.) In dem schönen Lande Italien lag vor grauen Jahren eine Stadt, die hieß Alba longa, und ein König herrschte darin, mit Namen Numitor. Numitor hatte aber einen bösen Bruder, Amulius. Dieser wollte gern König sein und stieß daher den Numitor vom Throne, brachte dessen Sohn um, und ließ, als Numitors Tochter Zwillinge geb'ar, diese in einer Badewanne auf den Tiberfluß setzen, daß sie ertränken. Aber sie ertranken nicht, sondem die Wanne blieb am Ufer stehen. Die Knäblein weinten bitterlich. Das hörte eine Wölfin, lies herbei, und — war barmherziger als der Großoheim. Sie legte sich auf die Knaben und säugte sie. Nach einiger Zeit kam ein Hirt des Weges und sah die Wölfin und die Knaben, welche bei der Wölfin lagen — jagte diese fort und nahm jene mit, brachte sie seiner Frau, zog sie auf und nannte sie Romulus und Reinus. Da mit der Haefters' Lcsebuk für Oberkl. Simultan-Ansg. 28

6. Nr. 22 - S. 2

1904 - Breslau : Hirt
2 § 2. Phönizier. § 3. Babylonier und Assyrer. Wanderung der Israeliten. Als die Hyksos vertrieben worden waren, kamen einheimische Fürsten zur Regierung, welche die Israeliten mit schwerer Arbeit drückten, bis diese um 1500 von Moses weggeführt wurden. Der wichtigste aus der Reihe der neuen Könige war Ramses der Große, der gewaltige Kriegszüge bis nach Syrien unter- nahm und im Lande großartige Bauten aufführte. — Pharao Necho ließ um 600 v. Chr. Afrika umsegeln. Der letzte König. Psammenit wurde..525 vom Perserkönig Kambyses bei Pelnsium geschlagen und verlor Thron und Leben. Ägypten wurde persische Provinz. 8 2. Phönizier. Zwischen der Küste des Mittelmeeres und dem waldreichen Libanon, nörd- lich von Palästina, wohnten die Phönizier. Die Küste war reich an aus- gezeichneten Häfen, an denen blühende Städte lagen; die wichtigsten derselben waren Sidon und Tyrus, wo um 1000 v. Chr. Salomos Freund Hiram herrschte. Reger Gewerbfleiß führte die Phönizier zu mancherlei Erfindungen, wie die des Glases und der Purpurfärberei. Auch waren sie Meister in der Weberei, Metallbearbeitung und dem Bergbau. Ihnen schreibt man die Er- findung der Buchstabenschrift zu. — Die günstige Lage ihres Landes trieb sie zur Schiffahrt, und so waren sie im Altertume das, was die Engländer in unserer Zeit sind, das wichtigste Handel und Seefahrt treibende Volk der Welt. Ihre eigenen Erzeugnisse, wie die Ägyptens und des östlichen Asiens tauschten sie ein gegen Silber und Gold in Spanien, Zinn in England; sie standen im Verkehr mit der fernen Ostseeküste, woher sie den Bernstein (Elektron) eintauschten, der dem Golde gleichgeachtet wurde. Zur Förderung ihres Handels gründeten sie viele Kolonien auf den Inseln des Mittelmeeres, in Spanien und an der Nordküste Afrikas. Hier erblühte bald die wichtigste derselben, Karthago, die sich aber vom Mutterlande frei machte. § 3. Babylonier und Assyrer. 1. Das Land. In dem Gebiete des Euphrat und des Tigris entstanden schon in der ältesten Zeit zwei Reiche, Babylonien (Sinear) und Assyrien. Jenes wurde durch Überschwemmungen des Euphrat und durch zahlreiche Wasser- bauten (s. Ägypten) zu einem überaus fruchtbaren Lande, in dem 2—300facher Ertrag den Änbau lohnte. Assyrien war ein Bergland, weniger fruchtbar, aber reich an üppigen Weideplätzen. 2. Zwischen den beiden Reichen, deren Hauptstädte Babylon am unteren Euphrat und Ninive am mittleren Tigris waren, bestanden fortwährende Kämpfe, aus denen um 850 v. Chr. Assyrien siegreich hervorging. Damals beherrschten die Assyrer nicht bloß Babylonien, sondern auch ganz Vorder- asien. — Unter den assyrischen Königen sind die bekanntesten Salmanassar Iv. und Sargon, der 722 die Israeliten in die assyrische Gefangenschaft führte. Sargons Sohn, Sanherib unterwarf um 700 auch das Reich Juda, konnte Jerusalem jedoch nicht erobern. (2. Könige 18 u. 19). — Inzwischen waren die Meder mächtig geworden. Sie verbanden sich mit den Babyloniern und eroberten 606 das in Verfall geratene „Assyrien. Ninive wurde zerstört. — Die Keilinschriften, welche man in den Überresten Ninives gefunden hat, berichten weder etwas von Ninus und Semiramis, den angeblichen Gründern des Reiches, noch von Sardanapal, dem letzten Könige Assyriens, der sich selbst mit seinen Schätzen verbrannt haben soll. 3. An die Stelle des assyrischen trat nun das babylonische Weltreich. Sein gewaltigster Herrscher war Nebukadnezar. Er führte 586 die Inden in die babylonische Gefangenschaft. Tyrus fiel ihm zur Beute, und den König von Ägypten besiegte er. Aber schon unter feinem Nachfolger Naboned (Bel- sazar) ging Babylonien unter, indem der Perserkönig Cyrus 538 durch das

7. Nr. 22 - S. 9

1904 - Breslau : Hirt
§ 8. Geschichte der Römer. 9 Perserheer unter Darius Kodomannus heranrückte. Aber sein Leibarzt Philippus rettete ihn. In der schmalen Ebene bei Jssus griff er die Perser an, schlug sie vollständig und nahm sogar des Königs Familie gefangen, die er aber freundlich behandelte. Er eroberte darauf Tyrus, unterwarf Palästina und zog nach Ägypten, wo er (332) Alexandrien gründete. Inzwischen hatte Darius ein neues gewaltiges Heer zusammengebracht. Alexander zog ihm ent- gegen und schlug es (331), einen nächtlichen Angriff verschmähend, bei Ärbela und Gaugamela (östlich von Ninive). Die Hauptstädte des Perserreiches, Babylon, Susa und Persepolis wurdett genommen, die letztgenannte verbrannt. Darius war in die nördlichen Provinzen geflohen, wurde aber von verräte- rischen persischen Großen in Ketten gelegt und bei Alexanders Herannahen von jenen ermordet. Alexander betrauerte tief das Geschick des einst so Ge- waltigen. Der Rädelsführer der Mörder fand später seinen verdienten Lohn. — Alexander heiratete Roxane, eine morgenländische Fürstentochter, kleidete sich persisch und richtete seinen Hofhält nach morgenländischer Sitte ein. Das alles reizte seine Macedonier; es kam zu Verschwörungen, die Alexander mit großer Grausamkeit unterdrückte (Klitus, Parmenio). — Nach dreijähriger Ruhe drang Alexander nach dem fernen Indien vor und besiegte den König Porus, trotz der Kriegselefanten desselben. Der Widerspruch seines Heeres aber zwang ihn zur Rückkehr. Auf dem Rückwege mußte er mit seinem Heere entsetzliche Entbehrungen in der bäum- und wasserlosen Wüste ertragen. Als ihm einst ein Krieger einen Helm voll Wasser bot, schüttete er ihn aus mit den Worten: „Ich will nicht trinken, wenn ihr dürstet!" Nach seiner Rückkehr machte er Babylon zu seiner Hauptstadt. Ein plötzlicher Tod (323) hinderte den großen Mann, sein gewaltiges Reich zu festen und alle unterjochten Völker zu ver- schmelzen. Um sein Erbe entspannen sich furchtbare Kämpfe. Ans seinem Reiche entstanden ihrer viele, die wichtigsten waren Makedonien, Syrien und Ägypten. — Griechische Bil- dung wurde durch Alexanders Zug verbreitet; die griechische Sprache wurde zur Welt- sprache; Handel und Verkehr nahmen einen gewaltigen Aufschwung. § 8. Geschichte der Römer. A. Nom ein Königreich. 1. Gründung Noms. In der Mitte Italiens lag die Landschaft Latium, von der Tiber durchflossen, die wichtigste Stadt darin war Rom. Über ihre Gründung berichtet die Sage folgendes: Der verbrecherische Amu lins stieß seinen Bruder Rumitor von dem Throne von Albalonga und machte dessen Tochter Rhea Silvia zur Vestalin. Sie bekam Zwillinge, deren Vater Mars war, wurde zur Strafe getötet, und ihre Söhne setzte man in der ausgetretenen Tiber aus. Eine von Mars gesandte Wölfin säugte die Knaben, und der Hirt Faustulus rettete sie. Er nannte sie Romulus und Remus Infolge eines Streites wurden später die Jünglinge vor Rumitor geführt, der sie als seine Enkel erkannte. Sie töteten den Amulius und setzten Rumitor wieder auf den Thron von Albalonga. Ihr Großvater erlaubte ihnen, an dem Orte ihrer Rettung eine Stadt zu erbauen, die nach Romulus Rom genannt wurde (Geier-Orakel). Remus fühlte sich gekränkt, sprang spottend über die niedrige Stadtmauer und wurde von seinem Bruder erschlagen. Dieser machte Rom zu einer Freistatt, um die Zahl der Bewohner zu vermehren. Unter Verletzung des Gastrechts raubten die Römer die Jungfrauen der Sabiner, die zu einem Festspiele eingeladen worden waren. Der darum zwischen beiden Völkern ausbreitende Krieg wurde durch die geraubten Frauen selbst geschlichtet und endete mit einer Vereinigung der Römer mit den Sabinern. 2. Nach Romulus, der von seinem Vater unter Donner und Blitz in den Himmel geführt wurde, regierten noch 6 Könige, die Nom vergrößerten, so daß

8. Nr. 22 - S. 3

1904 - Breslau : Hirt
§ 4. Perser. § 5. Die Griechen. 3 Bett des abgeleiteten Euphrat in die Stadt eindrang, während der König eben ein schwelgerisches Mahl hielt. (Heine: Belsazar.) 4. Die Bildung der Assyrer und Babylonier stand der der Ägypter wenig nach. Großartig waren die Hauptstädte, Ninive und Babylon, die durch gewaltig hohe und breite Mauern geschützt wurden. In Babylon erhob sich der über 200 in hohe Belus- tempel. Die prächtige Königsburg und die „hängenden Gärten" wurden den Wunder- werken der alten Welt zugezählt. Bon all dieser Herrlichkeit sind nur noch Schutt- und Trümmerhaufen übrig. Der Gottesdienst war ein Dienst der Gestirne, daher die Priester in der Sternkunde Bedeutendes leisteten. Der oberste Gott war Bel, der Herr des Himmels, der Schöpfer der Menschen. Mylitta, die Mondgöttin, wurde durch allerlei Ausschweifungen verehrt. — Babylon war ein Haupthandelsplatz, wo die Waren des fernen Indien gegen die Erzeugnisse des Kunstfleißes des eigenen Landes eingetauscht wurden; solche waren: feine Wollen- und Leinengewebe, oft kostbar gefärbt, wohlriechende Wasser und Salben. § 4. Perser. 1. Abstammung und Jugend des Cyrus. Die Perser standen lange Zeit unter der Herrschaft der Meder, deren letzter König Astyages hieß. Diesem träumte einst, wie die Sage erzählt, seine Tochter Mandane gösse Wasser aus, und ganz Asien werde davon überschwemmt. Die Traumdeuter (Magier) legten ihm den Traum so aus, daß ein Sohn der Mandane über ganz Asien herrschen werde. Astyages verheiratete darum seine Tochter mit Kambyses, einem Perser, die damals gering geachtet wurden. Als Mandane dann einen Sohn gebar, sollte ihn des Königs Vertrauter, Harpagus, töten; doch dieser übergab das Kind einem Hirten, der es als seinen Sohn aufzog. Der so Gerettete ward Cyrus geheißen und wuchs zu einem kräftigen Knaben heran. Einst erwählten ihn seine Gespielen zum Könige; als solcher ließ er den Sohn eines edlen Meders hart züchtigen. Der Vater dieses Knaben brachte Cyrus vor den König, und dieser erkannte seinen Enkel an der Ähnlichkeit mit Mandane. Astyages schenkte Cyrus das Leben; aber an Harpagus nahm er furchtbare Rache, in- dem er ihm dessen eigenen Sohn gebraten vorsetzte, wodurch er sich den Harpagus zum Todfeinde machte. Harpagus reizte den zum Manne herangewachsenen Cyrus zur Empörung. Dieser sammelte die Perser um sich und zog gegen seinen Großvater, welcher Harpagus an die Spitze des modischen Heeres gestellt' hatte. Harpagus ging zu Cyrus über. Astyages wurde vom Throne gestoßen, aber von Cyrus milde behandelt. 2. Cyrus breitete bald feine Herrschaft weiter aus. Erbesiegte den reichen König Krösus von Lydien, dessen Reich bis an den Halys reichte, nahm seine Hauptstadt Sardes ein und schickte ihn auf den Scheiterhaufen. Schon auf diesem stehend, rief Krösus aus: „O Solon, Solon, Solon!" Cyrus hieß ihn herabsteigen und fragte ihn nach der Bedeutung dieses Ausrufes. Da erzählte ihm Krösus, daß ihm einst der weise Athener Solon, dem er seine großen Schätze ge- zeigt hatte, gesagt habe: „Kein Mensch ist vor seinem Tode glücklich zu preisen!" Die Wahrheit dieses Wortes hatte Krösus jetzt erkannt; aber auch auf Cyrus machte das- selbe einen solchen Eindruck, daß er Krösus begnadigte und als Freund bei sich behielt. Darauf eroberte Cyrus Babylon (s. § 3, 3) und erlaubte den gefangenen Juden 536 die Rückkehr in die Heimat. — Als er sein Reich gegen Norden ausbreiten wollte, geriet er in Krieg mit den wilden Masfageten, von denen er erschlagen wurde (529). 3. Sein grausamer Nachfolger Kambyses eroberte Ägypten. Diesem folgte Darius Hystaspis, der ganz Vorderasien unterwarf und den Griechen gefährlich wurde (s. § 6, 3). § 5. Die Griechen. A. Das Land und seine Bewohner. 1. Griechenland ist die östlichste der 3 südlichen Halbinseln Europas. Tiefe Meereseinschnitte und Gebirge gliedern das Land in Nord-, Mittel und Südgriecheitland. I*

9. Nr. 22 - S. 8

1904 - Breslau : Hirt
8 § 7. Alexander der Große. 5. Sokrates war einer der Männer, die dem Verfall ihres Volkes ent- gegenarbeiteten. Er war eines Bildhauers Sohn in Athen und hatte im peloponnesischen Kriege tapfer für sein Vaterland gestritten. Durch vorzügliche Lehrer und eigenes Nachdenken war er zum Weisen geworden. „Erkenne dich selbst!" und „Wer am wenigstens bedarf, kommt der Gottheit am nächsten!" das waren seine obersten Grundsätze. Geduldig und ruhig ertrug er widrige Geschicke und auch die Zankreden seines Weibes Xanthippe. Die einfachste Kleidung und Kost genügte ihm, und nie hat ihn auch das üppigste Gastmahl zum Übermaß verführen können. Er sammelte um sich einen Kreis lern- begieriger Jünglinge, denen er seine Weisheitsschätze mitteilte, und die er durch sein Vorbild begeisterte. Seine Belehrungen knüpfte er an Vorgänge an. die er auf dem Markte oder in den Werkstätten der Handwerker beobachtete. Unter seinen Schülern befanden sich die edelsten Jünglinge, die mit großer Liebe an ihm hingen, so daß einige täglich meilenweit nach Athen kamen, um ihn zu hören. Viele von ihnen sind später berühmte Männer geworden. Das delphische Orakel erklärte ihn für den weisesten Menschen; aber er sprach: „Ich weiß, daß ich nichts weiß." — Sokrates war vielen, auch hochgestellten Leuten durch seine Ermahnungen zur Sittlichkeit unbequem geworden, und darum klagte man ihn an: er verführe die Jugend und verachte die Götter. Da er es verschmähte, das Mitleid seiner Richter anzurufen, so wurde er zum Tode durch den Schierlingsbecher verurteilt. Seine Schüler wollten ihm zur Flucht verhelfen, doch er weigerte sich Einer seiner Schüler rief klagend aus: „Ach, daß du un- schuldig sterben mußt!" „Wolltest du, daß ich schuldig stürbe?" antwortete Sokrates. Mit heiterer Miene trank der 70jährige Weise den Giftbecher. 6. Das Ende der griechischen Freiheit wurde veranlaßt durch die Uneinig- keit der Griechen und die allgemein werdende Sittenlosigkeit derselben, die sie erschlaffte, so daß der wohlhabende Bürger die Anstrengungen des Waffendienstes und des Kriegs- lebens scheute. Ein fremder König, Philipp von Macedonien, mischte sich in oie griechischen Händel. Umsonst warnte Demosthenes, der größte athenische Redner, sein Volk vor dem schlauen Philipp. Dieser täuschte die Griechen, indem er sich zuerst für ihren Freund ausgab, besiegte sie dann, als sie sich endlich von ihm lossagten, in der Schlacht bei Chäronea (338) und ließ sich zum Oberfeldherrn der Griechen ernennen. § 7. Alexander der Grosze. 1. Jugend. Philipps Sohn war Alexander. Seine Erziehung leitete ein Schüler des Sokrates, Aristoteles, dem der Prinz eine gründliche hellenische Bildung verdankte. Schon als Knabe bändigte er das wilde Roß Bucephalus, so daß sein Vater aus- rief: „Suche Dir ein anderes Königreich, Macedonien ist für Dich zu klein!" Von den Siegen seines Vaters hörte er nur mit Tränen erzählen, indem er sagte: „Mein Vater wird mir nichts mehr zu tun übrig lassen!" 2. Seine Siege. 20 Jahre alt, folgte er seinem Vater, der durch Meuchelmord gefallen war, auf dem Throne. Er unterwarf im raschen Sieges- läufe die empörten Barbaren im Norden seines Reiches, ebenso die Griechen, die ihn darauf zum Oberfeldherrn erwählten für den längst geplanten Rache- zug gegen die Perser. An der Spitze eines trefflichen Heeres von 35 000 Mann überschritt er 334 den Hellespont und schlug ein Perserheer am Granikus. In dieser Schlacht rettete ihm Klitus das Leben. Hierauf nahm er die wieder von Persien unterjochten Städte an der Westküste Kleinasiens in Besitz, zog nach Gordium und durchhieb hier den unentwirrbaren Knoten, an dessen Lösung ein Orakelspruch die Herrschaft über Asien geknüpft hatte. In Tarsus erkrankte er gefährlich infolge eines Bades im Cydnus, während ein großes

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1904 - Breslau : Hirt
§ 8. Geschichte der Römer. 9 Perserheer unter Darius Kodomannus heranrückte. Aber sein Leibarzt Philippus rettete ihn. In der schmalen Ebene bei Jssus griff er die Perser an, schlug sie vollständig und nahm sogar des Königs Familie gefangen, die er aber freundlich behandelte. Er eroberte darauf Tyrus, unterwarf Palästina und zog nach Ägypten, wo er (332) Alexandrien gründete. Inzwischen hatte Darius ein neues gewaltiges Heer zusammengebracht. Alexander zog ihm ent- gegen und schlug es (331), einen nächtlichen Angriff verschmähend, bei Arbela und Gaugamela (östlich von Ninive). Die Hauptstädte des Perserreiches, Babylon, Susa und Persepolis wurden genommen, die letztgenannte verbrannt. Darius war in die nördlichen Provinzen geflohen, wurde aber von verräte- rischen persischen Großen in Ketten gelegt und bei Alexanders Herannahen von jenen ermordet. Alexander betrauerte tief das Geschick des einst so Ge- waltigen. Der Rädelsführer der Mörder fand später seinen verdienten Lohn. — Alexander heiratete Roxane, eine morgenländische Fürstentochter, kleidete sich persisch und richtete seinen Hofhält nach morgenländischer Sitte ein. Das alles reizte seine Macedonier; es kam zu Verschwörungen, die Alexander mit großer Grausamkeit unterdrückte (Klitus, Parmenio). — Nach dreijähriger Ruhe drang Alexander nach dem fernen Indien vor und besiegte den König Porus, trotz der Kriegselefanten desselben. Der Widerspruch seines Heeres aber zwang ihn zur Rückkehr. Auf dem Rückwege mußte er mit seinem Heere entsetzliche Entbehrungen in der bäum- und wasserlosen Wüste ertragen. Als ihm einst ein Krieger einen Helm voll Wasser bot. schüttete er ihn aus mit den Worten: „Ich will nicht trinken, wenn ihr dürstet!" Nach seiner Rückkehr machte er Babylon zu seiner Hauptstadt. Ein plötzlicher Tod (323) hinderte den großen Mann, sein gewaltiges Reich zu festen und alle unterjochten Völker zu ver- schmelzen. Um sein Erbe entspannen sich furchtbare Kämpfe. Aus seinem Reiche entstanden ihrer viele, die wichtigsten waren Macedanien, Syrien und Ägypten. — Griechische Bil- dung wurde durch Alexanders Zug verbreitet; die griechische Sprache wurde zur Welt- sprache; Handel und Verkehr nahmen einen gewaltigen Aufschwung. § 8. Geschichte der Römer. A. Nom ein Königreich. 1. Gründung Noms. In der Mitte Italiens lag die Landschaft Latium, von der Tiber durchflossen, die wichtigste Stadt darin war Rom. Über ihre Gründung berichtet die Sage folgendes: Der verbrecherische Amulius stieß seinen Bruder Rumitor von dem Throne von Albalonga und machte dessen Tochter Rhea Silvia zur Vestalin. Sie bekam Zwillinge, deren Vater Mars war, wurde zur Strafe getötet, und ihre Söhne setzte man in der ausgetretenen Tiber aus. Eine von Mars gesandte Wölfin säugte die Knaben, und der Hirt Faustulus rettete sie. Er nannte sie Romulus und Remus Infolge eines Streites wurden später die Jünglinge vor Rumitor geführt, der sie als seine Enkel erkannte. Sie töteten den Amulius und setzten Rumitor wieder aus den Thron von Albalonga. Ihr Großvater erlaubte ihnen, an dem Orte ihrer Rettung eine Stadt zu erbauen, die nach Romulus Rom genannt wurde (Geier-Orakel). Remus fühlte sich gekränkt, sprang spottend über die niedrige Stadtmauer und wurde von seinem Bruder erschlagen. Dieser machte Rom zu einer Freistatt, um die Zahl der Bewohner zu vermehren. Unter Verletzung des Gastrechts raubten die Römer die Jungfrauen der Sabiner, die zu einem Festspiele eingeladen worden waren. Der darum zwischen beiden Völkern ausbrecheude Krieg wurde durch die geraubten Frauen selbst geschlichtet und endete mit einer Vereinigung der Römer mit den Sabinern. 2. Nach Romulus, der von seinem Vater unter Donner und Blitz in den Himmel geführt wurde, regierten noch 6 Könige, die Nom vergrößerten, so daß
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